Zwei der wichtigsten unabhängigen gesellschaftspolitischen Wissenschaftsinstitution in St. Petersburg sehen sich zunehmendem politischen Druck ausgesetzt.

Am 12. April wurde das Soziologische Institut Centre for Independent Social Research (CISR) vom Justizministerium der Russischen Föderation dazu aufgefordert, sich im Register der „Ausländischen Agenten“ zu registrieren, ansonsten würde die Behörde selbst die Registrierung vornehmen. Wenige Tage später antwortete das CISR mit einem offenen Brief, in dem es darlegte, weshalb es die Registrierung ablehne.

Als „Ausländische Agenten“ zählen in Russland Organisationen, die politischer Arbeit nachgehen und aus dem Ausland finanziell Unterstützt werden. Sie werden damit nicht nur in die Ecke von Spionen und Staatsverrätern gestellt, sondern müssen auch mit empfindlichen Geldstrafen rechnen.

Das CISR begründete die Ablehnung damit, dass es keiner politischen, sondern einer akademisch-sozialwissenschaftlichen Tätigkeit nachgehe und somit nicht unter das sog. „Agenten-Gesetz“ falle. Eine Petition zur Unterstützung des CISR wurde bereits von über 1.300 Wissenschaftler*innen aus aller Welt unterzeichnet.

Bereits früher wurde das renommierte und unabhängige Meinungsforschungsinstitut „Lewada-Zentrum“ aufgefordert, sich als „Ausländischer Agent“ zu registrieren, was es ebenfalls ablehnte.

Ein weiteres zentrales Institut, dass unter Druck gerät, ist das Smolny-Institut. Es wurde 1996 gegründet und ist eine gemeinsame Einrichtung der Staatlichen Universität St. Petersburg und des amerikanischen Bard-Colleges. Es gilt als eine der liberalsten Hochschuleinrichtungen in Russland, aber auch hier ist eine kritische Diskussion mit den gegenwärtigen Problemen des Landes scheinbar nicht mehr erwünscht. In den letzten Monaten wurden drei Professoren aus dem Programmbereich „Internationale Beziehungen“, die sich kritisch gegenüber dem aktuellen politischen Kurs Russlands geäußert haben, gekündigt bzw. deren Verträge nicht verlängert. Durch eine Solidaritätswelle von mehr als 11.000 Studierenden konnten die Entlassungen teilweise temporär verhindert werden. Generell unterminieren diese Fälle nicht nur die akademische Freiheit, sondern schaffen auch ein „Klima der Angst“, die Regierung oder die Hochschuladministration zu kritisieren, wie einer der betroffenen Professoren meint.

Quellen:

Offener Brief bei Human Rights Watch

Al Jazeera