Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine bringen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Förderorganisationen aus Deutschland und weltweit eigeninitiativ erste Hilfsangebote auf den Weg. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) mahnt derweil ein Unterstützungsprogramm auf Bundesebene für die deutschen Hochschulen zur Integration von Studierenden, Forschenden und Lehrenden aus der Ukraine an.
Der DAAD hatte sich am 1. März mit seinen Mitgliedshochschulen zu den aktuellen Entwicklungen in der Ukraine und zu den anstehenden Herausforderungen ausgetauscht. DAAD-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee sagte:
„Ich möchte mich im Namen des DAAD bei unseren Mitgliedshochschulen, ihren Beschäftigten und Studierenden sehr herzlich für ihre Solidarität mit der Ukraine und ihre Eigeninitiativen der letzten Tage bedanken. Sie arbeiten intensiv daran, Ukrainerinnen und Ukrainer an ihren Hochschulen zu unterstützen. Zudem setzen sie entsprechend unserer Empfehlungen ihre Zusammenarbeit mit russischen Institutionen aus, um auf diese Weise die Maßnahmen der Bundesregierung und der Europäischen Union zur Sanktionierung und Isolierung Russlands zu unterstützen.“
Nach den Gesprächen mit den Mitgliedshochschulen zeige sich laut DAAD, dass die Hochschulen im Land zeitnah in die Lage versetzt werden müssten, sich intensiv um geflüchtete Studierende und Forschende aus der Ukraine zu kümmern. Dazu führte Mukherjee weiter aus:
„Wenn wir uns einen längeren Krieg in der Ukraine oder ein umfassendes russisches Besatzungsregime im Land vorstellen, müssen wir mit einer sehr großen Zahl an Ukrainerinnen und Ukrainern rechnen, die zu uns kommen werden und um die wir uns kümmern werden. Wir brauchen daher rasch ein von der Bundesregierung finanziertes großes Unterstützungsprogramm für die Hochschulen, damit diese den ukrainischen Studierenden, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine Perspektive bieten können.“
Dabei müssten auch die zusätzlichen Bedarfe der deutschen Studierendenwerke berücksichtigt werden. Aus DAAD-Sicht sollte ein Unterstützungsprogramm mehrere Säulen umfassen, die sich bereits in anderen Konflikten bewährt haben:
- Stipendien für ukrainische Studierende, Promovierende und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in den kommenden Wochen und Monaten zu uns kommen, sowie die unbürokratische Verlängerung der Förderung für diejenigen, die bereits bei uns sind,
- Unterstützung der deutschen Hochschulen bei der Betreuung und Begleitung der Ukrainerinnen und Ukrainer während der Förderung und darüber hinaus;
- Unterstützung der deutschen Hochschulen bei der fachlichen und sprachlichen Weiterqualifikation von akademisch vorqualifizierten Fachkräften mit Blick auf den deutschen Arbeitsmarkt;
- Unterstützung der deutschen Hochschulen bei der Entwicklung und Bereitstellung von digitalen Angeboten für ihre ukrainischen Partnerhochschulen, solange diese ihren Betrieb aufrechterhalten können;
- Leadership-Programme für zukünftige Führungskräfte, die nach einer späteren Stabilisierung der Lage Führungsaufgaben in der Ukraine übernehmen werden.
Der DAAD ist zu den Programmelementen bereits mit der Bundesregierung im Gespräch.
In den vergangenen Tagen hatten verschiedene Hochschulen und Forschungseinrichtungen – etwa die TU Berlin, die TU München oder das Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung in Dresden – sowie Förderorganisationen eigene Hilfsangebote gestartet. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) bietet Unterstützung im Rahmen ihrer Initiative für geflüchtete Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an. Diese ermöglichen Geflüchteten eine kurzfristige Integration in das deutsche Wissenschaftssystem und die Fortführung ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit.
Die Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH) hatte bereits Ende Februar bekannt gegeben, Stipendien- und Alumniaufenthalte von Geförderten aus der Ukraine in Deutschland flexibel zu verlängern. Aktuell hat die Stiftung die Bewerbungsfrist im Rahmen der Philipp Schwartz-Initiative für gefährdete und geflüchtete Forschende aus der Ukraine bis zum 18. März verlängert und das Nominierungsverfahren vereinfacht. Zudem wurde Ende März mit privaten Zustiftungen im Rahmen der Initiative ein Notfonds eingerichtet. Weitere Maßnahmen sind in Vorbereitung.
Die VolkswagenStiftung teilte am 4. März mit, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die durch die Invasion russischer Truppen gezwungen sind, die Ukraine zu verlassen, Fördermittel erhalten können, um ihre Tätigkeit an einer Universität oder einem Forschungsinstitut in Deutschland fortzusetzen. Ab sofort können Anträge für einen Förderzeitraum von 6 bis 12 Monaten bei der VolkswagenStiftung eingereicht werden.
Die Gerda Henkel Stiftung stellt für ukrainische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Fördermittel in Höhe von 2 Millionen Euro zur Verfügung. Die Zuwendungen bestehen aus drei Schwerpunkten: Bis zu eine Million Euro gehen an die Philipp Schwartz-Initiative der AvH (s.o.). Bis zu 500.000 Euro fließen an den Verein MitOst e.V., der in der Ukraine und ihren Nachbarländern humanitäre Hilfsmaßnahmen koordiniert. Ebenfalls 500.000 Euro stehen für ein eigenes Stipendienprogramm bereit, mit dem die Gerda Henkel Stiftung sich zunächst an ehemals und aktuell Geförderte wendet und ihnen den Aufenthalt an Forschungseinrichtungen und Universitäten in Deutschland und Europa ermöglichen möchte.
Weitere Hilfsangebote und Unterstützungsmaßnahmen aus der weltweiten Forschungslandschaft laufen derzeit an. Unter #ScienceForUkraine werden diese auf Twitter sowie auf der gleichnamigen Internetseite gesammelt. Am 7. März.2022 wurden dort bereits mehr als 400 Angebote aus mehr als 35 Ländern geführt – darunter über 80 aus Deutschland. Die AvH listet Angebote zur Unterstützung für gefährdete Forschende sowie Informationen und Maßnahmen zum Krieg in der Ukraine auf eigenen Informationsseiten.
Quelle: Kooperation International
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